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The Atlantics Produktchefin Mariah Craddick (links) in einem Fireside Chat beim Journalism AI Festival in London letzte Woche

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Als Mariah Craddicks Datenspezialistin immer wieder zum selben Ergebnis kam, widersprach das allen Annahmen der Medienbranche über smarte Paywalls. „Sie sagte: Wenn du die Bezahlschranke hochziehst, gewinnt die Schranke immer", erzählte mir Craddick in einem Gespräch. Nach Jahren des Testens ausgeklügelter Metered-Modell-Regeln kam The Atlantic zu einer überraschend einfachen Erkenntnis: Die harte Paywall war jeder cleveren Variante überlegen, die sie je ausprobiert hatten.

Craddick ist Executive Director of Product bei The Atlantic, wo sie seit vier Jahren die Produktstrategie für Monetarisierung und Wachstum verantwortet. Ihr Werdegang spiegelt die Entwicklung der Disziplin wider: Sie begann als Journalistin, wechselte in den Bereich Audience Development, schlug bei Crain Communications die Rolle einer Audience Engagement Editorin vor und arbeitete dann bei McClatchy und dem Wall Street Journal, bevor sie zu The Atlantic kam. Heute umfasst ihre Rolle auch die Zusammenarbeit mit dem Business-Development-Team für Syndizierung und LLM-Strategie. Ich sprach letzte Woche mit ihr während des Journalism AI Festival in London, wo sie in einem Fireside Chat auftrat und ich eine Gen-AI-Quizshow veranstaltete.

Paywall-Experimente enttäuschten

The Atlantic führte 2019 eine Paywall mit einige kostenfreie Pageviews ein, bevor die Schranke kam. „Und dann haben wir die Paywall mit der Zeit immer weiter verschärft", erklärte Craddick in unserem Gespräch. Das Team testete zwischen 2019 und 2022 intensiv - eine Zeit, in der bedeutende Events die Metriken auf unvorhersehbare Weise beeinflussten.

Sie experimentierten mit dynamischem Metering, das Werbewert gegen Abo-Wert abwägt und in Echtzeit entscheidet, was jedem Nutzer angezeigt wird. Die Umsetzung war anfangs manuell und wurde durch A/B/C/D-Tests geprüft. Nutzer von bestimmten Traffic-Quellen sahen die Paywall vielleicht erst beim zweiten Artikel statt beim ersten, mit unterschiedlichen Botschaften je nach Verhaltensmustern.

Das Ergebnis? „Wir haben aus diesen Experimenten nur unwesentliche Verbesserungen herausgeholt", sagte Craddick. Die ausgefeilte Personalisierung bewegte kaum etwas. Was funktionierte, war simpel: die Paywall früher in der User Journey zu platzieren. Jeder Test bestätigte das. Die harte Schranke gewann durchgehend.

Aber Craddick macht die entscheidende Voraussetzung klar: „Der Inhalt dahinter muss wertvoll sein. Und ich denke, es signalisiert den Leuten: Das ist etwas, wofür ich bezahlen muss." Eine harte Paywall funktioniert nur dann wie beabsichtigt, wenn der Journalismus die Barriere rechtfertigt. Andernfalls vertreibt sie Interessenten bloß.

The Atlantic begegnete der Konversionshürde mit einem 30-tägigen kostenlosen Probe-Abo, das 2021 eingeführt wurde. „Ein großer Teil unseres Wachstums ist darauf zurückzuführen", merkte Craddick an. Diese Probe-Nutzer haben nicht dieselbe Retentionsrate wie diejenigen, die sofort zahlen, aber genug bleiben dabei, damit es sich lohnt. Das Probe-Abo holt die Unentschlossenen ins Boot.

Ein wichtiger Faktor für die Retention von The Atlantic: Sie bieten nur Jahresabos an, keine monatliche Option. „Beim Jahresprodukt sieht man viel bessere Retentionsraten", erklärte Craddick.

Im März 2024 erreichte das Magazin – das mehrheitlich Emerson Collective gehört, der Investmentfirma von Steve Jobs' Witwe Laurene Powell Jobs – mit einer Million zahlender Abonnenten erstmals die Gewinnzone. Seitdem geht es mit einer jährlichen Retention-Rate von 70 Prozent steil bergauf.

Meine eigene Erfahrung mit der Bindungskraft von The Atlantic: Obwohl der Preis gestiegen ist, ist mein The Atlantic-Abo eines der letzten, das ich kündigen würde – weil ich diese Art von tiefgehender und einzigartiger Berichterstattung nirgendwo anders bekomme.

The Atlantic bietet nur Jahresabos an, keine monatliche Option. „Beim Jahresprodukt sieht man viel bessere Retentionsraten", erklärt Produktchefin Craddick

Die nächste Million erfordert ein anderes Playbook

Aber Craddick sagt offen, dass sich die Strategie weiterentwickeln muss. „Was uns zu einer Million Abonnenten gebracht hat, ist wahrscheinlich nicht das Gleiche, was uns zur nächsten Million bringen wird", sagte sie im Fireside Chat in London.

Die Kernmärkte von The Atlantic sind New York, Washington DC und Chicago. Um zwei Millionen Abonnenten zu erreichen, müssen sie mehr Regionen in den USA und Zielgruppen im Ausland ansprechen. Das bedeutet, den harten Paywall-Ansatz zu überdenken, der ihnen so gut gedient hat.

„Wegen der harten Paywall-Strategie, die wir so lange hatten, denken wir jetzt mehr darüber nach, wie wir die Paywall in genau den richtigen Momenten selektiv öffnen können", sagte Craddick. Sie erkunden auch flexiblere Preisgestaltung und sind dabei, ein neues Premium-Produkt mit Familien-Sharing-Funktionen (ähnlich wie das der New York Times) einzuführen.

Für jüngere Zielgruppen – was bei The Atlantic 30 bis 45 bedeutet – haben sie kostenlosen Zugang für alle US-amerikanischen öffentlichen High Schools eingerichtet und bieten Gruppenabos für Universitäten weltweit an. Sie stellen auch die Autoren als Gesicht der Marke in den Vordergrund und setzen auf TikTok-Videos und Events. „Jüngere Menschen vertrauen eher Personen", merkte Craddick an.

Chatbots für Passwort-Resets, nicht für Content-Erstellung

Beim Thema künstliche Intelligenz zieht Craddick eine klare Linie: „Wir denken überhaupt nicht in Richtung KI für Content-Produktion. Denn das machen wir selbst richtig gut – viel besser als jede KI es könnte."

CEO Nicholas Thompson hat sich öffentlich ähnlich deutlich geäußert. In einem Podcast-Interview mit The Media Copilot betonte Thompson, dass The Atlantic sich „zu 100 Prozent auf menschliche Inhalte und persönliche Beziehungen zwischen Nutzern und Autoren" konzentriere. Seine Warnung an Verlage, die KI für Inhalte in Betracht ziehen: Der Marktwert sinkt in dem Moment, in dem man sie dafür einsetzt.

Wo also kommt KI bei The Atlantic tatsächlich zum Einsatz? Bei operativer Effizienz und kontrollierten Experimenten – weit weg vom redaktionellen Produkt.

Das konkreteste Beispiel betrifft die Customer-Care-Plattform. Ihr Team erhielt täglich über ein Dutzend Anfragen zum Zurücksetzen von Passwörtern. „Das ist so eine einfache Sache", sagte sie, „aber die Leute haben sich an sie gewandt, und natürlich braucht ein Miarbeiter Zeit zum Antworten, und das kostet das Unternehmen Geld." Die Lösung: ein Chatbot, der auf der Hilfe-Dokumentation aufsetzt und diese Routineanfragen bearbeitet, bevor sie einen menschlichen Mitarbeiter erreichen.

The Atlantic testet noch, ob KI tatsächlich den Arbeitsumfang reduziert oder neue Fragen aufwirft. Es ist ein Experiment, kein erklärter Erfolg.

Andere KI-Anwendungen umfassen Archivrecherche und Suchfunktionen. Und dann gibt es Atlantic Labs, eine R&D-Abteilung (Research und Development), in der das Produkt- und Engineering-Team mit Präsentationsformaten für Inhalte experimentiert.

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Drei Newsletter-Rollen, drei verschiedene Ziele

Newsletter erfüllen unterschiedliche Funktionen, je nachdem, wo sich die Nutzer in der Abo-Journey befinden.

  • Top-of-Funnel-Newsletter liefern eine kostenlose Story pro Tag, ausgewählt von Redakteuren. Das Ziel ist Akquise – Nicht-Abonnenten einen Vorgeschmack geben und hoffen, dass sie irgendwann konvertieren.

  • Subscriber-Engagement-Newsletter leben hauptsächlich im Posteingang, geschrieben von dedizierten Newsletter-Redakteuren, die über die Nachrichten des Tages berichten. „Das Ziel ist nicht, Clicks zur Website zu erzeugen", sagte mir Craddick. Diese Newsletter engagieren Abonnenten, ohne dass sie die Seite besuchen müssen.

  • Traffic-Referral-Newsletter zielen darauf ab, Leser zurück auf theatlantic.com zu bringen, sei es zur Conversion oder zur Vertiefung des Engagements.

Newsletter und die App fungieren als die primären Engagement-Indikatoren. „Wenn du bei ihnen dabei bist, wirst du engagierter sein, eher abonnieren, eher bleiben", sagte Craddick. Deshalb konzentriert sich das Onboarding zuerst auf diese beiden Aktionen: App herunterladen, für Newsletter anmelden.

LLM-Strategie: Verteidigung im Nachhinein aufbauen

Craddicks Rolle wurde kürzlich erweitert, um mit dem Business-Development-Team von The Atlantic an der Syndizierung zu arbeiten – konkret: wie man mit LLMs und Content-Lizenzierung umgeht.

The Atlantic hat früh eine Vereinbarung mit OpenAI unterzeichnet, was öffentlich bekannt ist. Aber Craddick merkte an, dass die größere Herausforderung darin besteht, eine kohärente Verteidigungsstrategie zu entwickeln: „Wie blockieren wir Content, wo wir ihn blockiert haben wollen, aber wie machen wir Content auch auffindbar, wo wir wollen, dass er gefunden wird?"

Sie kann aber noch keine Details zu spezifischen Deals oder dem aktuellen Stand der Verhandlungen teilen. „Da sind wir noch in einem frühen Stadium.”

Die Infrastruktur war bereit für Signalgate

Die Signalgate-Geschichte im März 2025 – als Atlantic-Chefredakteur Jeffrey Goldberg versehentlich zu einem Signal-Chat der Trump-Regierung über Militärschläge hinzugefügt wurde – war ein extremer Stresstest.

Craddick beschrieb die Produktarbeit hinter den Kulissen: Sicherstellen der Erreichbarkeit von Website und App während des Traffic-Ansturms, KI-gestützte Audio-Narration für die Story bereithalten, dem Marketing-Team ermöglichen, schnell neue Creatives zu erstellen und Paywall-Messaging in Echtzeit zu ändern. Aber sie bemerkte auch die emotionale Reaktion: „Nach der ersten Welle begannen die Leute freiwillig zu abonnieren, weil sie den Journalismus in diesem Moment unterstützen wollten."

„Wir waren bereit, weil wir all diese Dinge aufgebaut hatten", sagte sie. Der neu aufgesetzte Subscription-Stack, die Onboarding-Flows für neue Abonnenten, die Systeme, um einen großen Nachrichtenmoment zu nutzen – alles kam zusammen. „Das war ein besonders erfolgreicher Moment in unserer Geschichte, weil wir bereit waren."

Personalisierung ist nicht immer die Antwort

Als ich fragte, ob KI menschliche Beziehungen durch personalisierte Erlebnisse stärken könnte, war Craddick zurückhaltend. Technologie kann helfen, „das richtige Erlebnis der richtigen Person zur richtigen Zeit" zu liefern, räumte sie ein. Flexible Customer Journeys und kontextbewusste Formatierung sind jetzt technisch möglich.

Aber sie wartet auf Belege. „Es gibt noch viele Fragen: Wie groß ist der Uplift? Was werden wir tatsächlich in den Daten sehen? Wollen die Leute das überhaupt?"

Die alternative Möglichkeit: Im Lärm des Internets könnten die Menschen anfangen, „ruhige Erlebnisse zu suchen, die einfach und einheitlich sind und vielleicht nicht so dynamisch, wie wir alle annehmen, dass die Leute es wollen."

Fünf Learnings für Medienunternehmen

1. Testen, bevor man optimiert. The Atlantic hat Jahre damit verbracht, dynamisches Metering aufzubauen. Eine einfache harte Schranke konvertierte besser. Teste, bevor Du in Personalisierungstechnologie investierst.

2. Eine harte Paywall funktioniert nur, wenn der Content sie rechtfertigt. Die Schranke signalisiert Wert – aber sie muss liefern. Ohne Journalismus, den Leser nicht woanders finden können, blockiert eine harte Paywall nur den Zugang zu Inhalten, die die Leute nicht dringend genug brauchen, um dafür zu zahlen.

3. Erwäge reine Jahresabos. Monatsabos bieten Flexibilität, aber niedrigere Retention. Das Nur-Jahresabo-Modell von The Atlantic trägt direkt zu ihrer 70-Prozent-Retention-Rate bei.

4. Weise jedem Newsletter eine klare Rolle zu. Akquise, Retention, Traffic – das sind unterschiedliche Jobs, die unterschiedliche Ansätze erfordern. Definiere, was jeder Newsletter erreichen soll, und messe den Erfolg entsprechend.

5. Setze KI dort ein, wo Menschen keinen Mehrwert bringen. Passwort-Resets, Archivsuche, Customer-Care-Triage. Menschengemachter Content ist das Differenzierungsmerkmal von The Atlantic; KI dort einzusetzen würde genau das untergraben

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