Die typische Suche auf einer Medien-Website nach Inhalten, die nicht auf der Homepage stehen oder verlinkt sind, sah bis vor kurzem noch so aus: 1. Mehrfach versuchen mit allen möglichen Schlagworten den gesuchten Inhalt zu finden und jedesmal die Antwort bekommen: “Der gesuchte Inhalt wurde leider nicht gefunden”. 2. Den Inhalt googlen, mit größerer Wahrscheinlichkeit finden und (abhängig von Paywall und/oder Abo), wenn möglich tiefer vordringen. Oder Schritt 1 sparen und direkt goolen. Selbst Publisher und ihre Mitarbeiter bevorzugen oft Google-Suche gegenüber ihren mangelhaften internen Website-Suchmaschinen.

Doch die Google-Sucheingabe ist nicht mehr die erste Wahl, wenn es darum, tief verborgene Inhalte zu finden, die kein Algorithmus nach oben spült. Für solche Recherchen liefern KI-gestützte Chatbots theoretisch viel bessere Ergebnisse. Ein wesentlicher Vorteil: Die Suche ist nicht auf Schlagworte beschränkt, die vorher manuell oder automatisiert hinterlegt worden und findet auch sehr alte Beiträge aus Zeiten als Tagging noch unüblich war.

Dies sind zwei interessante Beispiele dafür, wie US-Websites mit der KI-Chatbot-Suche experimentieren. (Weiter unten zeige ich auch zwei Beispiele für KI-Tools, mit denen Journalisten auch ihr eigenes Archiv befragen können.)

Erstes Website-Beispiel: Forbes

Forbes startete im Oktober 2023 “Adelaide”, ein KI-gestütztes Tool, das die Suche per Chat mit den Inhalten ermöglicht. Das Tool stand anfangs in der Beta-Testphase nur 5% der Forbes-User zur Verfügung, kann inzwischen aber von allen genutzt werden.

Ich habe Adelaide zunächst nach sich selbst gefragt (Lupe mit Glitzersternchen zeigt die KI-Suche an - das scheint sich als intuitives Symbol inzwischen durchzusetzen).

Das Ergebnis fiel gemischt aus: Das erste Suchergebnis oben rechts “How Forbes Built Its AI-Powered Tool, Adelaide On Google Cloud Vertex” vom 20. November 2023 ist relevant, die anderen Treffer eher weniger oder gar nicht (ein Wordle vom 15. Februar?!).

Meine zweite Adelaide-Suche nach Beiträgen über Elon Musk aus dem Jahr 2021 lieferte nur neue Beiträge von 2024 und 2025.

Fazit: Noch ausbaufähig. Forbes brauchte für seinen Bot nur zwei Monate vom Prototypen bis zum Beta-Test. Geplant ist, Adelaide mit dem gesamten Archiv zu trainieren, aber mit Stand von heute funktioniert die KI-Chatbot-Suche verlässlich weiterhin nur mit Content aus den vergangenen 12 Monaten.

Zweites Website-Beispiel: Raw Story

Raw Story hat einen maßgeschneiderten Chatbot implementiert, der mit über 300.000 Beiträgen aus dem 20-jährigen Archiv trainiert wurde. Das Tool soll dabei helfen historischen Kontext, Hintergrundinformationen und relevante Links zu früherer Berichterstattung zu finden, Breaking News in einen Kontext zu setzen und Zeitlinien komplexer Themen zu erstellen.

Fazit: Der Bot versteht natürliche Sprache (englisch jedenfalls) und sucht nach alten ebenso wie neuen Beiträgen. Er funktioniert aber besser, wenn man die Aufforderung “Find Stories” dazu fügt. Das Eingabefeld ist etwas eigenwillig (schwarzer Bildschirm mit durchlaufender Eingabezeile und wahllose Groß-/Kleinschreibung).

Gesamtfazit:

Beide Bots funktionieren noch nicht wirklich gut im Regelbetrieb, lassen aber ahnen, was wohl bald Standard werden wird. Angesichts des rasanten Entwicklungstempo auf dem Feld der KI wird “bald” wohl eher eine Frage von Monaten als Jahren sein. Medienunternehmen sollten deshalb jetzt in der Sandbox ihre eigenen Chatbots testen (wenn es nicht schon tun), denn die Suche auf ihren Websites kann eigentlich nur besser werden.

KI-Suche für das eigene Workspace Archiv

Als Freiberuflerin mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung und einem chaotischen Archiv bin ich mehr denn je darauf angewiesen, dass KI mir dabei hilft, meine eigenen Beiträge, Fragmente und Notizen sowie externe Quellenbeiträge wieder zu finden. Vieler meiner Kollegen schwören auf Tools wie Evernote oder Notion. Mir sind die zu kompliziert und der Zeitaufwand, um diese Tools im Detail zu beherrschen zu hoch, im Verhältnis dazu, was wirklich brauche. Ich nutze vor allem diese beiden Tools:

Suche nach hinterlegten Bookmarks: Diigo (Annual Professional Plan für 40 Dollar pro Jahr). Ich habe mehr als 30.000 Bookmarks bei Diigo in der Cloud. Früher war ich sehr sorgfältig beim Taggen, um meine Bookmarks in möglichst vielen Kontexten für Themenideen, Recherchen und letztlich beim Schreiben wiederzufinden. Inzwischen bin ich da viel nachlässiger geworden, denn Diigo ist inzwischen KI-gestützt und findet meine Bookmarks, Markierung und Notizen in den Dokumenten verlässlich auch ohne korrekte Tags per Volltextsuche.

Intelligente Aufwertung des eigenen Archivs: Um meine eigenen Dokumente und Recherchen zu befragen, nutze ich Perplexity Pro Spaces (20 Dollar pro Monat). Ich kann dort meine Suchanfragen nach Themensträngen archivieren und beliebige Fragen an meine alten Beiträge stellen, auch wenn ich längst nicht mehr weiß, welches Detail ich wo und wann geschrieben habe. Eine Alternative zu Perplexity Spaces ist Claude Projects. Jeremy Caplan, Autor des Wondertools Newsletters, hat zu Projects eine sehr lesenswerte Anleitung verfasst.

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