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Eine harte Linie gegen KI

Als Ben Collins im April 2024 das Ruder bei The Onion übernahm, erbte er eine 37 Jahre alte Satire-Institution, die von ihren Kapital-Eigentümern langsam erwürgt worden war. Achtzehn Monate später hat die Publikation ihre Printausgabe wiederbelebt, 56.000 Abonnenten gewonnen und steht auf der Liste der größten Printpublikation in Amerika an 13. Stelle.

Kern dieser Wiederbelebung ist eine unerschütterliche Haltung: The Onion ist “strikt gegen KI in jeglicher Weise.”

Auf der Online News Conference im September 2025 nahm Collins kein Blatt vor den Mund, was die kreativen Fähigkeiten künstlicher Intelligenz angeht: “Ich kann Euch glasklar sagen, dass Ki überhaupt keinen Humor hat. Es ist die humorloseste Technologie, die es überhaupt gibt.”  

Warum KI bei Comedy versagt

Die Gründe, warum KI bei Comedy versagt, gehen tiefer als technische Einschränkungen. Laut Collins repräsentiert KI “die Synthese von allem Kram im Internet" und produziert Inhalte, die stets den Durchschnitt auswählen. “Aber Witze sind nie der Durchschnitt von irgendwas."

Diese Einschätzung deckt sich mit akademischer Forschung. Laut einer Studie von 2023  produzierte ChatGPT, als es um 1.008 "originelle" Witze gebeten wurde, zu mehr als 90 % dieselben 25 Witze  – von denen keiner wirklich originell war. Professor Michael Ann DeVito von der Northeastern University, der ein KI-generiertes George-Carlin-Special analysierte, stellte fest, dass der KI das nuancierte Storytelling fehlt, das großartige Comedy ausmacht: “Das kann nicht von KI repliziert werden. Es ist zu nuanciert."

Comedy erfordert, was KI grundlegend fehlt:

  • Gelebte Erfahrung und emotionale Wahrheit (auf einem Schild der streikende Writers Guild stand: "ChatGPT Doesn't Have Childhood Trauma")

  • Kulturelles Bewusstsein und Timing, das kontextuell und situativ ist

  • Die Fähigkeit, Tabus zu brechen (KI ist programmiert, Normen zu folgen, Comedy erfordert, sie zu missachten)

  • Authentische menschliche Verbindung, die das Publikum instinktiv erkennt

Wenn das Publikum KI-generierte Inhalte erkennt, warnt Collins, “fühlt es sich wirklich betrogen." Besonders bei Comedy, wo Lebendigkeit, zum grundlegenden Kern gehört, ist Authentizität nicht verhandelbar.

Selbst The Onion ist nicht immun gegen das Vordringen von KI. Im Januar 2025 entdeckte Collins, dass ein Artikel Bildmaterial enthielt, das aus einem KI-generierten Shutterstock-Bild stammte. Seine Reaktion in den sozialen Medien war unmittelbarund aufschlussreich:

"Verdammt. The Onion hat wieder einen Artikel veröffentlicht, bei dem ein Teil der Illustration von einem KI-generierten Shutterstock-Bild stammt. Wir haben es sofort entfernt."

Dieses Problem gibt es, seitdem “Bildagenturen mit AI-Slop überschwemmt werden”, so Collins.  

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Wie The Onion Mitarbeiter und redaktionelle Unabhängigkeit schützt

Als Collins' Team während der Übernahmeverhandlungen auf die Gewerkschaft von The Onion zuging, erwarteten sie Widerstand. Stattdessen wurden sie mit vernünftigen Forderungen konfrontiert: eine Gehaltsuntergrenze und das Recht, dass alles KI-Bezogene für Mitarbeiter optional ist.

“Das ist überaus vernünftig", sagte Collins. Die Gewerkschaftsverhandlungen wurden zu einer Blaupause, um kreative Arbeitnehmer zu schützen und gleichzeitig die redaktionelle Qualität zu wahren. Collins hält sich kompromisslos aus redaktionellen Entscheidungen heraus: “Ich habe noch nie unsere Inhalte berührt. Ich mache nur den Business-Kram."

Die Publikation bewahrt, was Collins “in 37 Jahren angesammeltes institutionelles Wissen, wie genau man das macht”, nennt – einen 120-seitigen Style Guide, dem die Autoren religiös folgen. Dieser rigorose kreative Prozess, kombiniert mit über Jahrzehnte geschärftem menschlichem Urteilsvermögen, produziert, was KI nicht kann: den “unausgesprochenen Satz, der allen im Kopf herumgeht”, der Satire von The Onion Satire erklingen lässt.

Die Ökonomie der Authentizität

The Onions Anti-KI-Haltung fällt mit einer breiteren Authentizitätskrise in den Medien zusammen. Eine Adobe-Studie aus dem vergangenen Jahr ergab :

  • 94 % der Konsumenten sind besorgt, dass KI-generierte Desinformation Wahlen beeinflussen wird

  • 74 % haben die Authentizität von Fotos oder Videos selbst von seriösen Nachrichtenseiten angezweifelt

  • 93 % sagen, es sei wichtig zu verstehen, wie digitale Inhalte erstellt oder bearbeitet wurden

Collins glaubt, dass daraus Chancen entstehen: “Publikums-Ökonomie ist, Leute dazu zu bringen, 100 Dollar zu bezahlen, damit wir mutige Dinge in unsere Zeitung schreiben und sie in ihren Briefkasten stecken. Das sollte eigentlich das Geschäftmodell von vielen Medien sein.”  

The Onion hat programmatische Werbung vollständig aufgegeben (die Collins “Viagra-Umhüllung unserer gesamten Inhalte” nennt) und setzt jetzt auf direkte Leserunterstützung. Das Wagnis zahlte sich mit explosivem Abonnentenwachstum aus, für das andere Publikationen Jahre gebraucht hätten.

Satire als Widerstand

Collins' Ansatz stellt die vorherrschende Erzählung infrage, dass die KI-Adoption für das Überleben der Medien unvermeidlich ist. The Onion demonstriert einen alternativen Weg, indem das Medienunternehmen verstärkt, was Menschen einzigartig gut können.

Alex Connock von der Oxford Saïd Business School prognostiziert, dass 2025 “das Jahr des Dammbruchs für KI im Entertainment sein wird, in welchem Produzenten von vorsichtigem Experimentieren zu aggressiver Integration schwenken. Doch selbst er räumt ein, dass dies “nicht die Medienbranche selbst ersetzen wird.”  

Collins rahmt The Onions Position in einen breiteren Kontext von Medienintegrität unter Druck. Seine Perspektive auf KI wurde direkt durch seine Jahre bei NBC News geprägt, wo er über Desinformation und Extremismus berichtete, einschließlich der Berichterstattung über den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. "I war wirklich ausgebrannt. Ich habe nur über Desinformation und Extremismus berichtet. Das war mein gesamter Job. Aber dieses Zeug kann man sich nicht endlos immer wieder ansehen.” 

Bei NBC erlebte Collins, wie institutioneller Druck journalistische Haltung erodierte. Diese Erfahrung formte sein Verständnis, dass Authentizität nicht bloß ästhetisch, sondern existenziell ist. Collins sieht eine direkte Parallele zwischen der Desinformation, die er jahrelang dokumentierte, und KI-generierten Inhalten. Beide fluten Informationsräume mit Inauthentizität. Beide schaffen Vertrauensbrüche. Die Informationskriegsführung, die er dokumentierte, beschreibt er so: “ Die eine Seite hat im Endeffekt einen Glücksspielautomaten für Snuff-Filme gebaut, der jetzt die Politik bestimmt, eine Politik, die auf grauenhaften viralen Daten aufgebaut ist.” 

Für Collins ist der Kampf gegen KI-Inhalte eine Fortsetzung seines Kampfes gegen Desinformation. Als er The Onion rettete, war ein Hauptziel, zu verhindern, dass es laut Wikipedia “in eine AI Slop Farm verwandelt wird” – dasselbe Schicksal, das er befürchtete, wenn Elon Musk das Unternehmen gekauft hätte.

“Wir haben Narrenfreiheit", sagt Collins und bezieht sich auf einzigartige rechtliche und kulturelle Schutzrechte von Satire. “Das erlaubt uns, ein bisschen offener zu sein, in Bezug auf das, was in der Welt passiert, und wie wir damit umgehen.” 

The Onion bemüht sich derzeit, die rechtslastige Website Infowars zu kaufen (der Vorgang steckt in Gerichtsverfahren fest) um dieses Ethos in konkretes Handeln umzusetzen – Satire nutzen, um Räume zurückzuerobern, die “von Desinformation dominiert werden”, und um Verschwörung in Comedy zu transformieren.

In die Zukunft blickend plant The Onion, den Printbetrieb weiter auszubauen, mehr Videoinhalte zu launchen und potenziell “ein kleines Netzwerk" authentischer menschlich gemachter Comedy zu schaffen. Collins hat ein einfacher aber klares Ziel: "I will Menschen mehr Raum für Humor geben.”  

Wichtige Lektionen aus The Onions KI-Strategie:

Collins' Rat an andere Medienunternehmen ist direkt: “Seid so authentisch wie Ihr könnt. Personalisiert und seid menschlich. Weil KI, diese Stimme Gottes, nicht mit Euch arbeiten wird.” 

  • Authentizität als Wettbewerbsvorteil: In einem Zeitalter, in dem KI-generierte Inhalte das Internet überschwemmen, wird verifizierte menschliche Kreativität wertvoller

  • Direkte Publikumsunterstützung: Beziehungen zu Lesern aufbauen, die authentische Inhalte schätzen, schafft nachhaltige Ökonomie

  • Institutionelles Wissen schützen: Die Jahrzehnte an Handwerk und Urteilsvermögen, die Qualität definieren, können nicht von Algorithmen repliziert werden

  • Gewerkschafts-Unterstützung: Die Interessen kreativer Arbeitnehmer zu schützen und kreative Qualität sind komplementär, keine konkurrierenden Ziele

  • Redaktionelle Unabhängigkeit: Führung sollte Ressourcen und Distribution bereitstellen, nicht kreative Entscheidungen diktieren

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