6AM City startete 2016 in Greenville, South Carolina, und ist jetzt auf 31 lokalen US-Märkten aktiv

6AM City hat einen systematischen Ansatz zur Vorhersage der Marktfähigkeit und Beschleunigung von Expansionszeitplänen entwickelt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Datenanalyse ist das Unternehmen von einem einzelnen Newsletter in Greenville im Bundesstaat South Carolina auf eine Newsletter-Kette in 31 Märkten gewachsen. 6AM City erreicht mehr als 1,5 Millionen tägliche Leser und generiert etwa 10 Millionen Dollar Jahresumsatz. Der Prozess hat die Phasen für den Markteintritt und den Beginn schwarzer Zahlen drastisch reduziert. Das Geschäftsmodell umfasst inzwischen neben Werbung auch vertiefte Kooperationen mit Werbekunden, E-Commerce und Software-Lizensierung.

Neues Marktpotenzial: KI bewertet "Stolz auf den Ort"-Metrik

6AM City setzt auf algorithmische Präzision. COO Ryan Heafy enthüllte die systematische Herangehensweise in einem Interview mit The Audiencers: "Was die Bevölkerungsdichte angeht, legen wir unsere Zieldemografie über die demografischen Daten. Unsere Leserschaft ist weiblich geprägt und erstaunlich altersdivers. Dann fragen wir: Könnten wir 100.000 Abonnenten in diesem Markt erreichen? Damit wir profitabel und nachhaltig sind, streben wir mindestens 50.000 Abonnenten an."

Greenville, South Carolina, war 6AM Citys Ursprungs-Erscheinungsort, und es dauerte dort fast zwei Jahre, bis das Unternehmen von null auf 50.000 Abonnenten kam und profitabel wurde. In einigen seiner neueren Städte erreicht der lokale Newsletter die magische Zahl von 50.000 Abonnenten bereits nach nur drei Monaten. 6AM City ist jetzt in 31 Märkten aktiv und erreicht täglich mehr als 1,5 Millionen Menschen.

Für jeden Markt operiert 6AM City mit etwa 3,5 Vollzeitäquivalenten pro Stadt (2 Redakteure und 1-2 Personen für Marketing und Vertrieb). Laut Heafy kostet es etwa 250-300.000 Dollar, eine neue Stadt im ersten Jahr zu starten. Nach zwei Jahren wird von einem neuen Newsletter erwartet, dass er einen sechs- bis niedrigen siebenstelligen Umsatz generiert.

Das Unternehmen entwickelte, was Heafy eine "Stolz auf den Ort"-Metrik nennt – einen KI-gestützten Bewertungsalgorithmus, der Zu- und Abwanderungen der Bevölkerung, Einzelhandelsumsätze, Wohltätigkeitsspenden, Demografie und mehr analysiert. Er umfasst auch eine genaue Betrachtung der Social-Media-Stimmung rund um neue Geschäftseröffnungen. Diese prädiktive Modellierung ermöglicht es dem Unternehmen, Märkte mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit zu identifizieren, bevor es einen einzigen Dollar investiert.

Aber die auffälligste Kennzahl ist die Umsatzbeschleunigung. "Wir sehen deutlich schnelle Steigerungen in der Publikumsentwicklung in all unseren Märkten: mehr Märkte schneller, schneller wachsende Zielgruppen, schnellere Umsätze ab Tag eins. Früher dauerte es sechs Monate, bis das Business anlief. Jetzt generieren wir Umsatz ab dem Tag null," erzählte Heafy vor vier Wochen auf der Newsletter Conference in New York.

Erfolg basiert auf einem fortgeschrittenen Technologie-Stack

Prozessautomatisierung für die Skalierung: Hinter 6AM Citys rasanter Skalierung liegt ein strategischer Technologieansatz. Das Unternehmen hat systematische Prozessdokumentation und Trainingsautomatisierung entwickelt, die die Ausbildungsbelastung für den Rest des Teams eliminiert.

Dabei geht es nicht nur um technische Effizienz sondern auch darum, menschliche Expertise durch automatisierte Arbeitsabläufe zu skalieren. Die Systeme von 6AM City ermöglichen es, Redaktionsteams in zwei Wochen von null auf operational zu transformieren – ein Zeitplan, der mit traditionellen Trainingsmethoden nicht zu schaffen wäre.

Performance Analytics Engine: 6AM City setzt fortgeschrittene Analyseplattformen ein, die automatisch Versandzeiten optimieren, A/B-Tests durchführen und die Verhaltensmuster der Abonnenten analysieren. Diese Systeme bieten Echtzeit-Performance-Einblicke und automatische Anpassungen, um das Engagement im wachsenden Portfolio von Märkten zu maximieren.

Die Content-Strategie: Keine Kriminalität, keine Politik

6AM City entdeckte, dass das Vermeiden von Reizthemen wie Kriminalität und Politik zwar das auf Empörung beruhende Engagement reduziert, tatsächlich aber den adressierbaren Markt erweitert und Werbetreibende anspricht, die ihre Anzeigen nicht neben unerwünschten Inhalten sehen wollen. "Wir sind darauf ausgelegt, eine Marketing-Engine für die Städte zu sein. Wir kuratieren das Beste von dem, was dort passiert, darüber, wie Sie ein besserer, engagierterer und involvierterer Bürger werden können, sei es, indem wir Ihnen schnell sagen, wie Sie Vereinen beitreten, an Wohltätigkeitsveranstaltungen und Initiativen teilnehmen oder wo Sie einen Cocktail auf einer Terrasse in der Innenstadt trinken können. Es ist mehr dieser Lifestyle-Ansatz," erklärte Heafy beim lokalen Business Event Endeavor Greenville im Januar.

6AM City produziert eigene Inhalte und kuratiert KI-unterstützt zusätzlichen Content aus lokalen Communities, um aus Filterblasen auszubrechen. "Ich habe Freunde, die Essen- und Weinfestivals lieben, aber sie sind nicht Teil der hispanischen Community, also sehen sie nie das Hispanic Food Festival in ihren Präferenzen. Indem wir den Inhalt nicht so stark filtern, öffnen wir den Menschen die Augen dafür, wie sie anderen Teilen ihrer Community beitreten können. Das lohnt sich für alle Beteiligten inklusive der lokalen Wirtschaft," erläuterte Heafy in Greenville.

Die SaaS-Strategie: Monetarisierung des Tech-Stacks

6AM City kann auf der Erfolgsbilanz seines Tech-Stacks aufbauen, indem das Unternehmen seine Technologie an andere lokale Medienunternehmen, Content-Creators und Marken lizenziert. Die SaaS-Angebote (Software as a Service) umfassen:

  • Managed Services: Tägliche, wöchentliche oder monatliche Newsletter-Produktion & -Management

  • Design und Development: Individuell gestaltete Newsletter-Lösungen und Tech-Integrationen

  • Audience Engagement: Förderung von Wachstum und hochengagiertem Abonnentenverhalten

  • Monetarisierung: Technische Lösungen für Kunden, die Umsatz generieren und Weg zur Profitabilität ebnen

Was das für die Zukunft lokaler Medien bedeutet

6AM Citys KI-gesteuertes Modell ist mehr als operative Effizienz – es ist ein fundamental neuer Ansatz, wie lokale Medien profitabel skalieren können. Die Kehrseite: Was 6AM City bietet, hat unbestrittenen Nutzwert im lokalen Alltag, aber gesellschaftlich wichtiger investigativer Journalismus ist das nicht. Das erfordert mehr als Algorithmen – mehr Journalisten draußen auf der Straße und den Aufbau langfristiger Beziehungen zu vertrauenswürdigen Quellen.

Die größere Disruption durch Modelle wie 6AM Media liegt allerdings potenziell in der Plattform-Strategie. Durch die Entwicklung von KI-Tools für externe Creators positioniert sich 6AM City an einer strategischen Schnittstelle, um Wert aus der erweiterten Creator-Ökonomie zu schöpfen und gleichzeitig den Zugang zu Technologie auf dem neuesten Stand zu demokratisieren.

6AM City steht mit diesem Ansatz nicht ganz allein: Das kanadische Medienunternehmen Village Media lizenziert seine hauseigene KI-Technologie an etwa 120 Verlage in Kanada und den USA. Über die Village Media Strategie habe ich vor fünf Wochen geschrieben.

Strategische Learnings für lokale Medien

Basierend auf 6AM Citys KI-gesteuerter Wachstumsstrategie sollten lokale Medien über diese Ansätze nachdenken:

In Prozessautomatisierungssysteme investieren: Systematische Prozessdokumentation und Trainingsautomatisierung entwickeln, um schnelle Team-Skalierung ohne proportionale Steigerungen von Trainingsaufwand und -komplexität zu ermöglichen.

Datengesteuerte Marktanalyse-Tools entwickeln: Algorithmische Frameworks erstellen, die Volkszählungsdaten, Social-Media-Sentiment-Analyse und Wirtschaftsindikatoren miteinandeer kombinieren. Damit steigen die Chancen, den Erfolg auf einem Markt vorherzusagen, bevor Ressourcen für eine Expansion eingesetzt werden, und das Risiko eines gescheiterten Launches ist geringer.

KI-unterstützte Content-Workflows implementieren: KI-Tools für Content-Kuration, Abonnenten-Segmentierung und Performance-Optimierung einsetzen, um operative Gewinne durch mehr zu erzielen und dabei gleichzeitig redaktionelle Qualität und Relevanz für die lokale Community zu bewahren.

Skalierbare Technologie-Infrastruktur aufbauen: Fokus auf die Entwicklung im gleichen Schema wiederholbarer technologischer Lösungen, die gleichzeitig über mehrere Märkte eingesetzt werden können, anstatt individueller Lösungen für jeden Standort, um nachhaltige Unit Economics zu erzielen.

Community-zentrierte KI-Anwendungen bejahen: Künstliche Intelligenz nutzen, um lokale Communities zu stärken. KI für Datenanalyse und operative Effizienz nutzen und gleichzeitig authentische lokale Stimme und Engagement bewahren.

Für diesen Newsletter verwendete KI-Tools:

Perplexity Pro und Deep Research (Recherche)

Claude 4.0 Sonnet Pro (zusätzliche Recherche, Rohfassung)

Wie man nicht promptet - eine Lektion in eigener Sache

Der Newsletter von letzten Woche über das Wall Street Journal enthielt ursprünglich Fehler, die in der aktualisierten Webversion inzwischen korrigiert sind. (Danke an Tess Jeffers für den Hinweis.)

Sorry, das hätte nicht passieren dürfen. Aber es ist passiert. Und deshalb habe ich meine Routine “reverse-engineered” und verbessert, um eine Wiederholung zu vermeiden. Es waren KI-Anwendungsfehler und keine KI-Halluzinationen, daher gibt es hier tatsächlich eine Lektion zu lernen, wie man KI-Tools sicherer nutzen kann. Denn meine Lehre aus dem Faux-pas kann natürlich nicht sein, KI komplett zu vermeiden.

Die Fehler kamen auf zwei Wegen herein:

Die Informationen auf der Narrativa-Website sehen aktuell aus, sind tatsächlich aber veraltet. Das WSJ nutzt Narrativa nicht mehr. (Dieser Fehler hatte nichts mit KI zu tun.)

Der zweite Fehler, den ich gemacht habe, ist vielleicht auch eine Warnung für andere, die KI nutzen, um Audiomitschnitte von Konferenzen zu analysieren.

Letzte Woche habe ich zum ersten Mal die kostenlose Version von Claude 4.0 Sonnet mit begrenztem Prompt-Kontingent für den ersten Entwurf des Newsletters verwendet habe (ich habe seitdem auf die Pro-Version upgegradet). Ich dachte, ich hätte ein narrensicheres Mini-RAG gebaut, indem ich Perplexity und Claude nur sehr ausgewählte Quellen nutzen ließ (ich habe mehr als 20 andere Quellen aus dem Web ausgeschlossen (veraltet, irrelevant oder redundant). Übrig blieben nur:

  • die Narrativa-Website-Infos

  • meine Audio-Transkription von Tess Jeffers, Director of Newsroom Data and AI beim WSJ, die über die WSJ-Strategie in einem Panel beim International Journalism Festival (IJF) Mitte April sprach

  • meine Notizen von einem Meeting Anfang April

Die Fehler kamen durch die Hintertür der IJF-Panel-Transkription herein. Tess war nicht die einzige Rednerin auf diesem Panel. Otter.ai transkribiert und trennt Sprecher zuverlässig, und ich hatte die Transkription mit Perplexity befragt - inklusive Prompt, nur ihre Redeanteile zu berücksichtigen und nicht die der anderen Redner. Dann habe ich Claude gepromptet, einen ersten Entwurf zu schreiben - nur mit den Perplexity-Antworten, den Narrativa-Infos und der Transkription für weitere Details. Aber ich habe nicht daran gedacht, Claude ebenfalls zu prompten, die anderen Redner zu ignorieren. Im Endeffekt hatten einige Details im Newsletter der letzten Woche nichts mit dem WSJ zu tun, und das habe ich beim Korrekturlesen übersehen.

Learnings:

  • Narrensichereres Prompting und zusätzliche Absicherung: Wenn du denkst, etwas ist für Dich offensichtlich (streue keine Aussagen von anderen Sprechern in das Manuskript!), ist es für ein KI-Tool offensichtlich nicht offensichtlich.

  • Transkriptionsdateien sicherheitshalber vor dem Befragen der Dateien nach Sprechern trennen.

  • Eine weitere Faktencheck-Runde nach dem Schreiben und vor dem Veröffentlichen ist unerlässlich.

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